BPM Workshops für Prozessmodellierung: Methoden kennen und richtig einsetzen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten BPM Workshops durchzuführen. Jede Methode hat seinen Charme und seine Berechtigung. Jedoch sind einige besser geeignet als andere bestimmte Ziele mit der Gruppe zu erreichen. Aber fangen wir ganz vorne an.

Was ist ein Workshop?
Ein Workshop ist ein Arbeitstreffen das von mindestens einer Person moderiert wird. Der Moderator ist zuständig für die Rahmenbedingungen. Die Teilnehmer sind zuständig für die Erarbeitung des Ergebnisses.

Wir nähern uns im Folgenden dem Thema aus der Sicht des Moderators. Also der Person, die das Zusammentreffen organisiert und damit wichtige Rahmenparameter festlegt. Es gibt natürlich viel zu beachten – von der Gruppengröße über den Raum bis hin zur Aufbereitung bestehender Informationen. Unabhängig davon unterscheiden sich die Workshops aber vor allem in der Wahl der Materialien für die Erarbeitung des Prozessmodells im Workshop selbst.

Software-gestützte Workshops

Man kann das Prozesswissen während des Workshops bereits in der Modellierungssoftware abbilden. Da Moderieren und Modellieren gleichzeitig eine Person überfordert, wird diese Variante eigentlich immer nur mit 2 Moderatoren eingesetzt. Dabei moderiert einer die Gruppe und der Andere übersetzt das Verstandene direkt in ein Prozessmodell im Tool. Als Moderator hat man daher (vermeintlich) wenig Nachbereitungsaufwand.

Schwierig ist hierbei die Einbindung der Teilnehmer. Da nur die eine Person am Modellierungswerkzeug Änderungen machen kann, müssen alle Teilnehmer ihre Wünsche/Ideen dieser einen Person vermitteln. Was von dieser Person nicht verstanden wird, kann nicht visualisiert werden. Oft bleiben wichtige Ideen und Anmerkungen auf der Strecke. Besonders bei der Entwicklung von Soll-Prozessen zeigen sich Nachteile, weil hier häufig geändert wird und die Teilnehmer währenddessen immer warten müssen. Interessanterweise nutzen Berater von Software-Herstellern oft selbst nicht die Software, die sie verkaufen, weil sie diese Nachteile selbst erlebt haben.

+ Effektiv, wenn: eingespieltes Moderatorenteam, Ist-Prozesse mit wenig Diskussionsbedarf
– Nicht zu empfehlen, wenn: Prozess unklar oder sehr komplex, Einbindung der Teilnehmer essentiell für weitere Schritte

Post-It-gestützte Workshops

Bei Workshops mit Post-Its oder Brown-Paper wird meist an der Wand ein Prozess mit Hilfe von Moderationskarten erstellt. Es können alle Teilnehmer mit den Karten interagieren, diese einfach umhängen und so aktiv an der Gestaltung des Prozesswissens teilhaben, wenn man Sie denn lässt bzw. richtig leitet. Denn oft haben die Teilnehmer keine Erfahrung mit Prozessmodellierung und können sich daher schwer vorstellen, warum das grüne nicht hinter dem roten Kärtchen hängen sollte oder Sie führen ihre eigene Logik in das Wirrwarr an bunten Zettelchen ein. Schwierig wird es dann für den Moderator beim Steuern der Gruppe sowie dem Übersetzen des Workshop-Ergebnisses in ein (BPMN/EPK)-konformes Prozessmodell. Entsteht nämlich kein konformes Modell während des Workshops, so ist ein richtiges Prozessdiagramm genau genommen das Ergebnis der nachgelagerten Interpretation durch den Moderator. Dabei kommen meist Widersprüche, Missverständnisse und Graubereiche zutage, die im Nachgang geklärt werden müssen. Man kann dann nur hoffen, dass die Teilnehmer sich im „übersetzten“ Prozess wiederfinden und keine Widerstände gegen das eigentliche Prozessdiagramm aufbauen, weil sie es nicht mehr mit dem Workshop-Ergebnis in Verbindung bringen.

+ Effektiv, wenn: guter Mix aus Steuerung (richtige Modellierung) und Einbeziehung der Teilnehmer
– Nicht zu empfehlen wenn: modellierungsunerfahrene Teilnehmer, konformes Model als Workshopziel

t.BPM-gestützte Workshops

Bei tangible Business Process Modeling (t.BPM) handelt es sich um eine Methode zur Moderation und unterstützenden Acryl-Platten in BPMN Notation. Die Platten sind Schablonen, die helfen unerfahrene Teilnehmer an die Modellierung konformer BPMN-Modelle heranzuführen. Durch die Schablonen wird klar zwischen Konzepten der Modellierung und weiteren Informationen/Annotationen unterschieden. Diese können weiterhin bspw. mit Post-its untergebracht werden.

Das Werkzeug ist auf Langlebigkeit und auf optimale Unterstützung für die Soll-Prozessentwicklung ausgelegt bei der Prozesse ständig geändert werden. Mit dem Schablonen-Ansatz ist das t.BPM-Werkzeug erstmal nicht so anders als zurecht geschnittene Moderationskarten. Um das Potential zu heben, braucht es noch Rahmenbedingungen wie die passenden Räumlichkeiten, die richtige Unterstützung während der Modellierung und auch Kniffe für den Umgang mit dem Tool. Daher gibt es t.BPM auch nicht einfach als Werkzeug bei Amazon zu kaufen, sondern nur im Paket mit einer Ausbildung. Denn am Ende zählt nur der effektive Workshop.

+ Effektiv, wenn: gemeinsame Erarbeitung von Soll-Prozessen mit Prozess-Neulingen im Vordergrund steht
– Nicht zu empfehlen wenn: ungeeigneter Raum, einfache Ist-Prozesse, wenig Diskussionsbedarf

Fazit
Es gibt natürlich viele Zwischentöne bei den Workshop-Methoden. Letztlich muss der Stil zum Kunden, dem Prozess und den gestellten Herausforderungen passen. Die oben beschriebenen Stile sind Stereotypen, die ich im Laufe meiner Promotion herausgearbeitet und untersucht habe. Das t.BPM ist dabei eine Kombination aus Forschungswissen der Kreativforschung und der kognitiven Psychologie gepaart mit Best Practises von verschiedenen Beratern mit denen ich zusammen gearbeitet habe. Heute basiert das t.BPM Framework selbst auf jahrelanger Anwendung und wurde ständig erweitert, bspw. mit den Methoden von BPM&O. Die t.BPM-Ausbildung sowie die Materialen lassen sich durch BPM&O beziehen und erweitern nahtlos das allgemeine Wissen rund um Prozessworkshops, dass bereits Teil einer jeden BPM&O Grundlagenschulung ist.